Glasmacher
Der Großvater von Gebhard Fischer, Matthäus Fischer aus Tannheim, war Glas- bzw. Uhrenhändler in Großsschönach. Vermutlich war er bis zum Niedergang der
Glashütte in Herzogenweiler ein Glasträger, ein sogenannter "Schwabenträger", der die Glaswaren auf einer Rückentrage zur Fuß von der Glashütte
im Schwarzwald nach Oberschwaben trug.
Dessen Großmutter kommt aus der Glasmacherfamilie Mahler. Über die Familie Mahler besteht auch Verwandschaft zu den Glasmacherfamilien
Siegwart und Raspiller, welche zu den größten Glasmacherfamilien in Europa zählen.
Glasmacher waren bis ins 19. Jahrhundert von den Fürsten gesuchte Leute, denn zum einen erzeugten sie Luxusgüter und zum andern
verbrauchten sie Holz, viel Holz. Für 1 kg Glas brauchte man ca. 220 kg Holz. Mit einer fünf Meter hohen Buche konnte man ca. 3,5 kg
Glas herstellen. 1 qkm Wald lieferte ca. 22500 t Holz, bei einer jährlichen Glasproduktion von durchschnittlich 7,5 t Glas pro Glashütte reichte das für
ca. 13 Jahre. Dann war der Wald weg, und die Fürsten hatten neue Siedlungsflächen.
Solange es ausreichend Wald gab, waren die Glasmacher gern gesehene Kunsthandwerker, weil sie Platz schafften. War der Wald weg
und es hatten sich Menschen angesiedelt, die Holz zum Bauen und Heizen benötigten, waren sie nicht mehr gern gesehen, weil die
Beschaffungswege für Holz immer größer wurden, und sich der Preis verteuerte.
Deshalb mussten die Glasmacher mit ihren Glashütten alle 15 bis 20 Jahre weiterziehen.
Obwohl sie Handwerker waren, waren sie freie Leute mit Privilegien, wie z.B. das Recht auf eigenen Grundbesitz. Aus den Familien
bildeten sich zum Teil Familienverbände mit eigenen Statuten. Die Siegwarts gaben sich 1597 im Blasiwald eine Hüttenordnung mit 23 Bestimmungen,
die u.a. die Zusammenarbeit der Familienmitglieder über die Glashütten hinweg regelte und festlegte, dass Mitglieder nur Frauen aus anderen
Glasmacherfamilien heiraten durften. Deshalb waren alle Glasmacher irgendwie miteinander verwandt. Die Kunst des Glasmachens
wurde streng gehütet und durfte nur an die Söhne der eigenen Familie weitergegeben werden.
Ein Glasmacher aus meiner Ahnentafel ist Clevis Siegwart * vor 1550 in Walkersbach . Er ist der älteste Glasmacher-Vorfahre,
dessen Daten halbwegs gesichert sind. Nach Angaben von Didier Christophe ist sein Vater Johann Georg Sigwart und sein Großvater
Josef Sigwart, der die Glashütte in Rudersberg gegründet hat. Bei Josef Sigwart war Johann Georg Sabellicus alias Doctor Faust als "Praktikant",
um die Kunst des Glasmachens zu erlernen. Ja, Faust hat bei meinem Vorfahr das Glasmachen gelernt! Faust wurde Pate von
dem o.g. Johann Georg Sigwart. Laut Didier Christophe stammen die Sigwarts
wahrscheinlich vom Noblen Sigewar ab, der 858 das Kloster St. Blasien gegründet haben soll.
Aber es gibt auch eine Familiengeschichte, die innerhalb des Familienverbands von Generation zu Generation weitergegeben wurde und
vom Schweizer Glasmacher Karl Heinrich Siegwart als Manuskript 1936 aufgeschrieben wurde. Danach lässt sich
die Glasmacherfamilie Siegwart bis 1344 auf eine Glashütte in Akkenmünde zurückverfolgen, die von einem Edo
Siegwart geführt wurde. Wo diese Ortschaft liegt,
weiß man allerdings nicht. Es wird vermutet, dass es sich um Akkerwourde im niederländischen Friesland handelt. Aber es gibt
Argumente dagegen. Z.B. hat es dort wohl keinen Wald gegeben. Diesem Edo folgten als Hüttenvögte Gunnar, Otto, Hinrick, Michael,
Otto und Dobias der Ältere, wobei das Amt nicht immer vom Vater an den Sohn weitergegeben wurde. Es sind jedoch Nachkommen des Edo.
Durch Urkunden oder ähnliches sind belegt:
• Dobias dem Älteren wird 1559 bewilligt, sich im Blasiwald als Glasmacher niederzulassen.
• Clevis Siegwart von Steinbach im Welzheimer Wald war 1579 Mitbegründer der Glashütte Blasiwald.
Ob sich es hier um die gleiche Person handelt, ist umstritten.
Vom Schwarzwald aus hat sich die Glasmacherfamilie Sigwart sie sich in weite Teile Europas verbreitet. Leider gab es im 16. Jahrhundert so viele
Glasmacher Siegwart im Schwarzwald, dass es nicht mehr möglich ist, die bekannten Siegwart-Stammbäume miteinander zu verknüpfen.
Da sieht es mit der Glasmacherfamilie Raspiller schon besser aus. Georg Raspiller kommt aus Hall in Tirol und im 16. Jahrhundert
im Schwarzwald ist die Familie nicht sonderlich expandiert. So war es hier einfacher, in der Zeit vor den Kirchenbuchaufzeichnungen
die Wanderungsbewegung nachzuverfolgen. Die Expansion der Sippe erfolgte erst im 17. Jahrhundert in die Schweiz und nach Lothringen und von dort
in das Saarland. Hier gibt es einen Stammbaum beginnend um ca. 1515 in Tirol, den Günter Neutzling in seinem Buch "Die Glasmacherfamilie Raspiller" von 1988
abgedruckt hat.
"Treffpunkt" der verschiedenen Glasmacherfamilien (Mahler von Kandern in Baden, Sigwart von Steinbach in Württemberg, Raspiller
von Hall in Tirol) war der Schwarzwald, zuerst im Hoheitsgebiet von St. Blasien (Blasiwald, Muchenland, Grünwald), später auch im
Fürstenberger Hoheitsgebiet (Rothwasser, Äule, Herzogenweiler). Dabei wurde darauf geachtet, dass stets innerhalb der Glasmacherfamilien
geheiratet wurde. Auf Seite 26 im Buch "Die Glasmacherfamilie Raspiller" heißt es:
"Ab 1597 gehörte die Hütte im Blasiwald Ulrich Mahler, Andreas Beschinger, Clevis Sigwart und Hans Mahler. Thomas und Hans
Sigwart waren Söhne von Clevis, der mit einer Schwester von Ulrich Mahler verheiratet war. Apollonia Sigwart, die Schwester,
war die Ehefrau von Georg Raspiller. Hans Sigwart war verheiratet mit Maria Mahler, Tochter von Ulrich und Schwester von
Hans Mahler, der wiederum mit Magdalena, der Tochter von Clevis und Schwester von Thomas und Hans Sigwart, verheiratet war,
ein stark familiengebundener Betrieb."